Vor Beginn des ersten Festivals unter seiner Intendanz stellen wir Steven Walter die wichtigsten Fragen zum Beethovenfest.
Das Festivalmotto 2022 lautet »Alle Menschen«. Was hat es damit auf sich?
Der Festivaltitel »Alle Menschen« ist abgeleitet von Beethovens berühmter »Ode an die Freude«, wo Alle Menschen zu Brüdern (und Schwestern) werden. Das wollen wir ernst nehmen und ein Beethovenfest feiern, das auf alle Menschen in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit zugeht. Ein Festival der Begegnungen, der Gemeinsamkeiten und auch der Unterschiede, die wir lieben lernen müssen. Alle Dinge, die existieren, existieren in der Gegenwart – und so existiert auch die Musik unseres Beethoven inmitten der Diversität der heutigen Welt. Dieser Leitgedanke ist mehr als ein Motto: nämlich ein Anliegen, das wir als Selbstverpflichtung verstehen und in den folgenden Jahren weiterverfolgen werden.
Das diesjährige Festival ist das erste unter Deiner Leitung. Was war Dir bei der Gestaltung des Festivals besonders wichtig, was ist neu?
Entscheidend war mir, dass das Beethovenfest für ein offenes, zugewandtes und vielfältiges Festival steht. Dass es ganz viel Welt in den manchmal etwas kleinen, engen Klassik-Kosmos hineinlässt. Beethoven hat immer groß gedacht und aus dem Vollen geschöpft. Und mir ist wichtig, dass das Festival alte Gegensätze überwindet und ein Ort des sowohl-als-auch auf höchstem Niveau ist: sowohl große klassische Programme, als auch kreative und abgefahrene Formate; sowohl sehr Ernstes als auch sehr Unterhaltsames; für junge Menschen, für alte Menschen und für marginalisierte Menschen – eben den Fächer ganz weit aufmachen und etwas für »Alle Menschen« anbieten.
Wie viel Beethoven steckt eigentlich im Beethovenfest?
Jede Menge! Beethoven ist und bleibt programmatischer und geistiger Dreh- und Angelpunkt des Festivals. Wir haben 23 große Werke des Bonner Sohnes im Programm und überhaupt dreht sich die ganze Programmatik um eine Manifestation des Spirits von Beethoven. Wir wollen ihn manifestieren, nicht nur repräsentierten.
Hast Du einen Konzerttipp für Klassikfans?
Ich kann natürlich alles zutiefst empfehlen. 😊 Aber nur als Beispiel: der Abend von Jonian-Ilias Kadesha mit dem Aurora Orchestra am 16. September wird sicherlich großartig. Die Bearbeitung der Kreutzer Sonate mit Streichorchester ist atemberaubend!
Und was sollte man nicht verpassen, wenn man Lust auf eine neue (musikalische) Erfahrung hat?
Sehr vielversprechend ist das neue große Werk »Land of Winter« von Donnacha Dennehy, das Alarm Will Sound bei uns uraufführen wird. Die Klangsprache von Donnacha ist eine sehr originelle, wunderschöne Mischung aus Minimalismus, Spektralismus und irischen Klangeinflüssen.