Bamberger Symphoniker
Isabelle Faust Violine
Jakub Hrůša Dirigent
28.8.– 27.9. 2025
Bamberger Symphoniker
Isabelle Faust Violine
Jakub Hrůša Dirigent
Bedřich Smetana (1824–1884)
»Wallensteins Lager« op. 14
Antonín Dvořák (1841–1904)
Violinkonzert a-Moll op. 53
I. Allegro ma non troppo
II. Adagio ma non troppo
III. Allegro giocoso, ma non troppo
Pause
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
I. Allegro con brio
II. Andante con moto
III. Scherzo. Allegro
IV. Allegro
Das Konzert verspricht ein wunderbares musikalisches Miteinander: Die Bamberger Symphoniker spielen unter ihrem Chefdirigenten Jakub Hrůša – eine symbiotische und umjubelte Konstellation, sind doch beide von ihren böhmischen Wurzeln geprägt. Und so gibt es zunächst zwei Portionen tschechische Romantik: Es gilt, Smetana anlässlich seines 200. Geburtstags zu feiern – mit seiner eher unbekannten Tondichtung »Wallensteins Lager« nach einem Schauspiel von Friedrich Schiller.
Beethovenfest-Residenzkünstlerin Isabelle Faust ist eine Expertin für die virtuosen Schönheiten in Dvořáks Violinkonzert, das völlig zu Unrecht häufig noch ein Schattendasein führt. Es hat zudem eine zähe Entstehungsgeschichte, weil dem Komponisten durch den legendären Geiger Joseph Joachim regelrecht Steine in den Weg gelegt wurden. Zum brillanten Abschluss folgt dann mit der fünften Sinfonie ein Meilenstein Beethovens – aber auch ein mythenumranktes Stück, das seit Jahrhunderten zum Rätselraten rund um das berühmte Viertonmotiv anspornt.
Lange vor seinem Meisterwerk »Ma vlást« mit dem Gassenhauer »Die Moldau« schrieb Smetana bereits ein paar Sinfonische Dichtungen, die allerdings selten zu hören sind: »Wallensteins Lager« etwa ist ein zauberhaftes Stück, das er 1859 vollendete. Um seine Familie ernähren zu können, hielt er sich zu jener Zeit als Musiklehrer, Chorleiter, Pianist und Kapellmeister der Philharmonischen Gesellschaft in Göteborg auf. Ein paar Jahre zuvor hatte er sein großes Vorbild Liszt in Weimar getroffen, der ihn ermutigte, sich wie er an der Gattung der Programmmusik zu probieren. Und so nahm sich Smetana das damals in Prag recht populäre Schauspiel von Friedrich Schiller vor, das sich um den heldenhaften und charismatischen Böhmen aus dem Dreißigjährigen Krieg dreht. Entstanden ist ein faszinierender Einblick in das Leben dieser historischen Figur samt schwungvollen Melodien sowie effektvollem Einsatz der Instrumente.
»Tumultuoso« lautet eine Vortragsbezeichnung in der Partitur – und die Tondichtung schildert daher auf viele Strecken äußerst quirlig und voller rhythmischer Energie das Treiben im Lager von Wallenstein. Mitten in dem Getümmel taucht ein polkahafter Tanz der Soldaten auf, doch wegen ihrer wilden Hüpferei werden sie von einem Kapuzinermönch für Gottlosigkeit und Sittenverfall getadelt. Smetana setzt das Geschehen durch einstimmig spielende Posaunen und Tuba musikalisch um – bei Schiller schimpft hier der Mönch: »Ist das eine Armee von Christen? Sind wir Türken? Sind wir Antibaptisten?« Darauf folgt ein langsamer Abschnitt, der leise und atmosphärisch die Stimmung in der Nacht einfängt. Nach einem beeindruckenden Trompeten-Weckruf wirbelt das Werk mit einem mitreißenden Marsch seinem Ende entgegen – der unverkennbar von Schillers schmissigem Reiterlied aus dem Schauspiel inspiriert ist: »Wohl auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd! Ins Feld, in die Freiheit gezogen.«
Die Entstehung von Dvořáks Violinkonzert bis zur endgültigen Fassung war kompliziert. 1879 regte ihn sein Verleger Simrock dazu an: »Wollen Sie mir ein Violinkonzert schreiben, recht originell, kantilenenreich und für gute Geiger?« Dvořák nahm den Auftrag gerne an und holte sich dafür den Rat des renommierten Violinisten Joseph Joachim. Als die Partitur fertig war, missfiel dem Virtuosen und Widmungsträger das Werk allerdings derart, dass Dvořák es 1880 umarbeitete – und zwar so gründlich, dass er angeblich »nicht einen einzigen Takt« beibehielt. Er sendete die neue Fassung wieder an Joachim, aber dieser ließ sie zwei Jahre lang unbeachtet liegen. 1882 meinte er dann, das Konzert sei »in seiner jetzigen Gestalt noch nicht reif für die Öffentlichkeit« und machte sich sogar selbst an eine Einrichtung der Violinstimme. Erneut nahm Dvořák daraufhin Änderungen vor, doch merkwürdigerweise rührte Joachim das fertige Konzert nicht mehr an, spielte es nie vor Publikum – man weiß nicht, warum. Als 1883 endlich die Uraufführung stattfand, präsentierte es der eher unbekannte tschechische Geiger František Ondříček.
Die Komposition steht in der Tradition der Violinkonzerte von Beethoven, Mendelssohn und Brahms, aber Dvořák fand zu einer individuellen Gestaltung: Mit seinen Themen atmet das ganze Werk folkloristischen Geist. Charakteristisch ist die Verbindung des sinfonischen mit dem konzertierenden Prinzip: Immer wieder muss sich die Violine gegen die kraftvolle Begleitung behaupten. Der erste Satz entwickelt sich wie eine kühne, jedoch wohl durchdachte Improvisation. Ohne Pause folgt das melodisch ergreifende Adagio, das laut eines Biografen klingt, »als sänge eine Lerche über duftenden Heimatfluren«. Das farbige Finale ist ein heiterer Satz nach dem Vorbild des Furiant, eines feurigen Volkstanzes aus Böhmen. Kontrastierend dazu erinnert sein elegischer Mittelteil an eine Dumka: eine balladenhaft-klagende Volksweise des slawischen Raums. Es ist einer der vielen Beweise für den musikalischen Erfindungsreichtum Dvořáks, über den Johannes Brahms launig sagte: »Der Kerl hat mehr Ideen als wir alle. Aus seinen Abfällen könnte sich jeder andere die Hauptthemen zusammenklauben.«
»Jakub Hrůša kenne ich schon ganz lange. Mein erstes Zusammentreffen mit ihm war während meiner CD-Aufnahme vom Dvořák-Violinkonzert vor 20 Jahren, als er dem Dirigenten Jirí Belohlávek assistierte. Dvořák war das allererste große romantische Violinkonzert, das ich gelernt habe. Es ist ein sehr wichtiges Stück in meiner musikalischen Geschichte.«
– Isabelle Faust
Robert Schumann schwärmte einst: »Diese Sinfonie wird noch wiederklingen, solange es eine Welt und Musik gibt.« Nach der Uraufführung im Jahr 1808 war zwar zunächst von einem »kuriosen Gemisch von Tönen« in Beethovens fünfter Sinfonie die Rede, aber schon bald nannte man sie ein »lebendiges Bild hoher Leidenschaft«.
Doch hat das prägnante Hauptmotiv wirklich etwas mit dem oft beschworenen Schicksal zu tun? Ungestüm soll Beethoven über die Bedeutung seiner Sinfonie geäußert haben: »So pocht das Schicksal an die Pforte!« So berichtet es zumindest sein Biograf Anton Schindler – der allerdings für seine blühende Fantasie bekannt war und einiges verbreitet hat, was nicht authentisch ist. Die Wahrheit dieser Aussage, die viel zum Bild des mit Tönen ringenden Titanen beitrug, darf also getrost angezweifelt werden. Als möglich erwogen wurde hingegen, dass Beethoven das Motiv einem Vogel abgelauscht hat. Außerdem verstand man die Sinfonie als Kommentar zum politischen Schicksal Europas: Schließlich war Napoleon damals gerade dabei, die Ideale der Französischen Revolution zu verraten. 1954 gab der Dirigent Leonard Bernstein eine der musikalischsten Erklärungen zum Geheimnis rund um die vier berühmten Noten – und zwar, dass ihre wahre Bedeutung einzig in dem liege, »was auf sie folgt«.
Gleich zu Beginn der Sinfonie erscheint diese populäre musikalische Keimzelle in unerbittlicher Lautstärke. Sie dominiert auch hartnäckig den weiteren Verlauf, erweist sich dabei aber als überaus wandlungsfähig. Das Andante gibt sich mit seinen kontrastreichen Themen auf weite Strecken grüblerisch, der scherzohafte dritte Satz baut dagegen mit einer aufsteigenden Basslinie und einem Hornmotiv eine furchterregende Atmosphäre auf. Mit einer atemberaubenden Überleitung schließt sich das Finale an, das E. T. A. Hoffmann als »blendendes Sonnenlicht« charakterisierte, »das plötzlich die tiefe Nacht erleuchtet«. Dies ist ein weiterer Topos, der wie der Begriff des Schicksals untrennbar mit der Sinfonie verbunden ist: »Per aspera ad astra«, frei übersetzt »durch Nacht zum Licht«. Nach mancherlei Irrungen und Wirrungen erhebt sich am Ende ein prächtiges Thema – und sämtliche Stadien, die das allgegenwärtige Viertonmotiv bis hier durchmessen hat, entladen sich in strahlendem Jubel.
Text: Heidi Rogge
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Programmheftredaktion:
Sarah Avischag Müller
Noomi J. Bacher
Die Texte von Heidi Rogge sind Originalbeiträge für dieses Programmheft.