Anastasia Kobekinas Herzlichkeit ist ansteckend. Sie spielt das temperamentvolle Cellokonzert von Antonín Dvořák im Eröffnungskonzert des Beethovenfests 2023.
1. Das Beethovenfest 2023 steht unter dem Motto »Leben«. Welcher Gedanke geht Dir dabei als erstes durch den Kopf?
Leben, überleben – das sind zwei Aspekte, mit denen ich und viele andere etwas anfangen können, besonders in den letzten Jahren der Pandemie. Ich bin sicher, wir alle haben in dieser herausfordernden Zeit etwas gelernt über die Kraft des Moments, über den Wert von menschlichem, sozialem Kontakt. Ich fühlte einen noch stärkeren Drang, mit anderen zu teilen – Musik zu teilen, die nur im Moment zwischen Spielenden und Zuhörenden lebt. Heute sind die politischen und humanitären Umstände an vielen Orten so prekär. Ich höre nie auf, mich daran zu erinnern, dankbar zu sein für alles, was ich habe. Diese einfachen Dinge machen das Leben letztlich schön.
2. Wie hast Du zum Cello gefunden? War das für Dich schon immer klar oder eine zufällige Entdeckung?
Von frühestem Alter an war ich mit Musik umgeben. Ich hatte endlos viel Energie und Neugier und wollte alle Instrumente spielen. Meine Mutter ist Klavierlehrerin. Als sie einmal keine:n Babysitter:in hatte, nahm sie mich mit in die Musikschule, wo ich meinen Nachmittag damit verbrachte, Türen zu Unterrichtszimmern zu öffnen und mit einem »Coucou« hineinzuschauen, um vielleicht ein bisschen auf dem Instrument dort spielen zu dürfen. Der einzige Lehrer, der darauf einging, war ein Cellolehrer. Er lud mich ein, das Instrument zu probieren. Ich hatte viel Spaß dabei, meine Lieblingslieder zu singen und mit Zupfen auf dem Cello zu begleiten. Es hat ziemlich lange gedauert, bis meine Eltern und mein Lehrer mich überzeugen konnten den Bogen zu benutzen. Mit fünf Jahren spielte ich mein erstes Konzert, und seitdem … man kann sagen, dass ich kaum je aufhörte zu spielen, und noch wichtiger: es zu genießen!
3. Beim Eröffnungskonzert des Beethovenfests spielst Du das berühmte Cellokonzert von Antonín Dvořák. Was bedeutet Dir dieses Stück?
Ich liebe das Dvořák-Cellokonzert sehr! Ich konnte es als Kind komplett singen, aber ich spiele es erst seit wenigen Jahren auf der Bühne. Ich wollte damit auf den richtigen Moment warten, um meine eigene Stimme für dieses zweifellos meistgespielte Cellokonzert zu finden. Und ich glaube, die Beziehung zu diesem Werk wird nie aufhören zu wachsen. Diese zeitlosen Melodien spiegeln immer wenn ich spiele etwas anderes in meinem Leben wider.
4. Du erreichst über Social Media viele Fans. Wie nutzt Du diese Plattformen?
Die Sozialen Medien sind eine tolle Möglichkeit, mit meinem Publikum zu kommunizieren und es besser kennenzulernen. Ich würde nicht sagen, dass ich auf Social Media anders bin oder ein bestimmtes Image erzeugen möchte. Ehrlichkeit und Natürlichkeit sind genauso wichtig für mich wie Musik. Ich versuche, zu gleichen Teilen private und berufliche Inhalte zu teilen, die mich und vielleicht auch andere inspirieren. Musik verbindet so unterschiedliche Menschen, das zeigen die Stories und Nachrichten von Leuten, mit denen ich auf Instagram verbunden bin und die meine Konzerte besuchen.
5. Viele Künstler:innen und auch wir als Festival stellen uns die Frage, wie unser eigener Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft aussehen kann. Wie antwortest Du darauf?
Nachhaltigkeit bedeutet für mich, so zu handeln, dass ein positiver Effekt heute und in Zukunft entsteht. Der Klimawandel ist das entscheidende Problem unserer Zeit. Und natürlich denke ich als öffentliche Person über meine Rolle als Künstlerin und Individuum nach. Kleine, aber ausdauernde Schritte können etwas verändern – auf diesem Weg habe ich auch meine musikalischen Fähigkeiten in den letzten 25 Jahren entwickelt. Ich glaube, das selbe gilt für die Handlungsoptionen einer Einzelperson, die nicht die Macht hat globale Konzerte, falsche politische Entscheidungen oder Kriege aufzuhalten. Aber wenn wir alle diese kleinen, kontinuierlichen Schritte machen, können wir im größeren Maßstab etwas verändern.
Anastasia Kobekina im Beethovenfest 2023
, Oper Bonn
Eröffnungskonzert
Tonhalle-Orchester Zürich, Jürg Halter (Achtung Niemand), Anastasia Kobekina