Wooden Elephant
Aoife Ní Bhriain Violine
Hulda Jónsdóttir Violine
Ian Anderson Viola
Stefan Hadjiev Violoncello
Nikolai Matthews Kontrabass
Mathias Halvorsen Klavier
28.8.– 27.9. 2025
Wooden Elephant
Aoife Ní Bhriain Violine
Hulda Jónsdóttir Violine
Ian Anderson Viola
Stefan Hadjiev Violoncello
Nikolai Matthews Kontrabass
Mathias Halvorsen Klavier
Aphex Twin
Album »Drukqs«, arr. für Streichquintett und präpariertes Klavier von Ian Anderson
1. Jynweythek
2. Vordhosbn
3. Kladfvgbung Mischk
4. Omgyjya-Switch7
5. Strotha Tynhe
6. Gwely Mernans
7. Bbydhyonchord
8. Cock/ver10
9. Avril 14th
10. Mt Saint Michel + Saint Michaels Mount
11. Gwarek2
12. Orban Eq Trx 4
13. Aussois
14. Hy A Scullyas Lyf Adhagrow
15. Kesson Dalek
Pause
16. 54 Cymru Beats
17. Btoum-Roumada
18. Lornaderek
19. QKThr
20. Meltphace 6
21. Bit 4
22. Prep Gwarek 36
23. Father
24. Taking Control
25. Petiatil Cx Htdui
26. Ruglen Holon
27. Afx237 v.7
28. Ziggomatic 17
29. Beskhu3epnm
30. Nanou2
»Braindance« nennt das Plattenlabel die Musik von Aphex Twin, die sich zwischen pulsierendem Drum’n’Bass und sphärischen Ambient-Sounds bewegt . Ein Genre, das die besten Eigenschaften aller anderen Gattungen der elektronischen Musik in sich vereint und das den Gegensatz von Körper und Geist aufzuheben versucht. Und auch die Grenze zwischen Einzelperson und Ensemble – meint Aoife Ní Bhriain, die bei Wooden Elephant Geige spielt. Das Streichquintett hat ein Album des britischen Electronica-Künstlers als akustisches Arrangement neu erschlossen. Elektronische Musik, gespielt auf Streichinstrumenten? »Die erste Herausforderung dabei ist, diese Alben neu zu denken«, sagt Aoife. Das Original nachbilden will Wooden Elephant nämlich nicht. Vielmehr gehe es darum, seine Stimmung einzufangen und etwas Neues zu erschaffen. Und dazu, sagt Aoife, gehöre auch die Denkweise, dass im Grunde alles ein Instrument sein kann.
Für das Publikum besonders ist nicht nur die Musik, sondern auch das Konzertformat »Mittendrin«: Quer durch den Saal der Kreuzung an St. Helena, der sich auch Dialograum betitelt, verteilen sich Zuhörer:innen und Musiker:innen. Ein Dialog zwischen allen im Raum, in dem die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerbereich aufgehoben werden – ganz so, wie Aphex Twins Klänge entgrenzende Erfahrungen freisetzen.
Mit Drogen – »drugs« – habe der Albumtitel nichts zu tun, sagt Aphex Twin. Von luziden Träumen und Synästhesie sei seine Musik inspiriert, die schön sein kann und würdevoll, aber auch albtraumhaft und misstönend. Ruppige Beats, eingehüllt in warme Streicherklänge – Wooden Elephant, das junge zeitgenössische Streichquintett, interpretiert sie als akustisches Konzertwerk neu.
Gegründet hat sich das Ensemble im Jahr 2017, auf dem PODIUM Festival Esslingen, das sich als Plattform versteht für zukunftsweisende Formate im Bereich klassischer Musik. Damals hatte Wooden Elephant ein Arrangement des Björk-Albums »Homogenic« entwickelt.
»Die Reaktion unserer Freund:innen und der Fans hat uns wirklich schockiert«, erinnert sich Violinistin Aoife Ní Bhriain. »Sie haben es so sehr genossen. Also dachten wir, dass wir auch gleich weitermachen können.«
Es folgten fünf weitere Alben, darunter ein Arrangement von Radioheads »Kid A« und »Lemonade« von Beyoncé. Nun steht mit »drukQs« von Aphex Twin ein neues Projekt auf dem Spielplan.
Sorgfältig getimte Beats im Stil des Drum’n’Bass treffen auf mechanisch kreisende Klavierklänge: »Drukqs« ist das fünfte Studioalbum des Electronica-Künstlers, der in Wirklichkeit Richard David James heißt. Der »Mozart des Ambient und Techno«, wie ihn die Medien nennen, wuchs in der englischen Grafschaft Cornwall auf, »abgeschnitten von der Stadt und vom Rest der Welt«.
Damals, in den 1980er-Jahren, schwappte aus den USA der Musikstil Acid House nach Großbritannien, wo er sich wie ein Lauffeuer im Nachtleben verbreitete. In diese Partyszene geriet in seinen Teenagerjahren Aphex Twin. Er heuerte als DJ an und legte auf Raves auf, die in kleinen Buchten entlang der Küste stattfanden. Immer wieder spickte er seine Sets auch mit eigenen Songs. Als er dann 1992 sein Debütalbum veröffentlichte, sahen die Kritiker:innen darin einen »Wendepunkt der Ambientmusik«. Seitdem trenden seine Songs regelmäßig in den Charts, gewannen mit ihrer eigentümlichen Mischung aus sphärischer Ambience und manischem Techno sogar einen Grammy.
Um die elektronischen Klänge auf ihren Instrumenten nachzuahmen, müssen die Mitglieder von Wooden Elephant raus aus ihrer Komfortzone. Sie trommeln, zupfen, klimpern, mit Plektren und mit Partytröten, auf halbem Weg zwischen Klang und Geräusch.
»Es geht darum, in einen Bewusstseinszustand zu kommen, in dem die Musik wichtiger ist als die eigene Ausbildung.«
– Aoife Ní Bhriain
Denn eigentlich sind die Mitglieder von Wooden Elephant klassisch ausgebildete Orchestermusiker:innen. Aoife Ní Bhriain ist in Irland geboren. Sie studierte Violine in Leipzig und ist ebenso Expertin in klassischer Musik wie in traditionell irischen Spielweisen. Auch Hulda Jónsdóttir hat ein klassisches Geigenstudium absolviert, an der Juilliard School in New York. Was die fünf Musiker:innen verbindet, ist ihre Vorliebe für Grenzüberschreitungen und das Ungewohnte. So ist Ian Anderson nicht nur Bratschist am Schottischen Ballett, sondern auch Mitglied einer Alternative Rock Band. Der Cellist Stefan Hadjiev, ausgebildet an der Guildhall School of Music and Drama, ist Mitbegründer eines innovativen Festivals für interdisziplinäre Kunst. Und Nikolai Matthews, der Kontrabassist des Ensembles, spielt neben Kammermusik am liebsten Zeitgenössisches.
Für »drukQs« hat sich Wooden Elephant auch noch Mathias Halvorsen dazugeholt. Der Pianist arbeitet regelmäßig an Projekten, die klassisches Repertoire neu denken. Außerdem ist er Spezialist für präpariertes Klavier und weiß mit dem Instrument die unmöglichsten Dinge anzustellen.
Mathias Halvorsen reiht sich ein in eine Tradition, an deren Anfang niemand Geringeres steht als John Cage. Der US-amerikanische Komponist hatte um das Jahr 1940 herum erstmals Radiergummis, Nägel und andere Kleinteile verwendet, um dem Klavier die wunderlichsten Klänge zu entlocken, und so das »akademisch verbotene, nicht-musikalische Klangfeld« erforscht.
Auch Aphex Twin hat das präparierte Klavier in »Drukqs« prominent eingesetzt. Schon als Kind soll der Künstler mit Vorliebe im Innenraum des Familienklaviers herumgebastelt haben, anstatt auf übliche Weise auf den Tasten zu spielen.
Aphex Twin erhielt keinen Musikunterricht im herkömmlichen Sinn. Aber als er zwölf Jahre alt war, kaufte er einen Synthesizer, der seine Neugier für Elektronik weckte. Von da an verbrachte er jede freie Minute damit, analoge Synthesizer zu modifizieren und mit Sounds zu spielen. Er sei einfach süchtig danach gewesen, Geräusche zu erzeugen, und begann sich erst sehr viel später dafür zu interessieren, was andere Leute so für Musik machten, erzählt er. Heute fällt der Name Aphex Twin in einem Atemzug mit denen elektronischer Größen wie Karlheinz Stockhausen, Kraftwerk und Brian Eno.
Die akustischen Arrangements für Wooden Elephant fertigt Ian Anderson, der Bratschist des Ensembles, an. Elektronische Alben eigneten sich dafür besonders gut, weil sie eine gewisse Tiefgründigkeit haben, erklärt er. Das liege an den vielen elektronischen Schichten, die sich überlagern. Doch auch die anderen Spieler:innen arbeiten an den Stücken mit, formen und verändern sie gemeinsam, bis etwas ganz Eigenes daraus entsteht.
Die originalen Alben hört sich Aoife dafür gar nicht erst an.
»Für mich ist es am interessantesten, mir Ians Partituren so anzusehen, als seien sie etwas komplett Neues. Etwas, das nie zuvor gespielt wurde und bei dem ich mich jedes Mal neu entscheiden muss.«
Je öfter die Musiker:innen dann miteinander spielen, desto mehr beeinflussen sie, was Ian für sie geschrieben hat. Sie sind Individualist:innen, aber auch eine Einheit. »Das ist für diese Art von Musik besonders toll«, sagt er.
Zwar sind es die Songs von Aphex Twin, die Wooden Elephant da spielen. Es sind aber keine Imitationen.
»Unser größter Traum ist es, etwas zu erschaffen, das für sich selbst steht. Auch wenn man das originale Album nicht gehört hat – als zeitgenössisches, klassisches Musikstück funktioniert es allemal.«
– Ian Anderson
Text: Leah Biebert
Wooden Elephant ist ein zeitgenössisches klassisches Streichquintett, das ikonische Alben der populären und elektronischen Musik neu interpretiert und sie in ihrer Gesamtheit als vollständig akustische, zeitgenössische klassische Konzertwerke präsentiert. Der Bratschist und Komponist von Wooden Elephant, Ian Anderson, wurde für die Arrangements durch seine Projekte beim London Contemporary Orchestra inspiriert, das 2014 und 2015 zusammen mit dem Gitarristen der Band Radiohead, Jonny Greenwood, für deren Album »A Moon Shaped Pool« an experimentellen Spieltechniken arbeitete. Seitdem hat Wooden Elephant eine Serie von Alben fertiggestellt, darunter Björks »Homogenic« (2017), Radioheads »Kid A« (2018) und Beyoncés »Lemonade« (2019). Das neueste Projekt ist eine akustische Konzertversion des gewaltigen Doppelalbums »Drukqs« von Aphex Twin in Zusammenarbeit mit dem Spezialisten für präpariertes Klavier Mathias Halvorsen. Wooden Elephant hat die Alben in Konzerthäusern und auf Festivals wie dem Berliner Konzerthaus, dem Days Off Festival der Philharmonie de Paris, dem London Jazz Festival, dem Schleswig-Holstein Musik Festival und dem Beethovenfest Bonn aufgeführt.
Der Pianist Mathias Halvorsen aus Reykjavik tritt regelmäßig in ganz Europa auf. Seine Aktivitäten reichen von Kammermusik und Solokonzerten bis hin zu Kompositionen und verschiedenen Projekten, die klassisches Repertoire neu konzipieren. Halvorsen studierte bei Jiri Hlinka in Oslo und bei Gerald Fauth in Leipzig.
Seit 2010 gibt er als Gründungsmitglied der von der Kritik hochgelobten Gruppe LightsOut Konzerte in völliger Dunkelheit. Seit April 2019 tourt er mit dem Geiger Mathieu van Bellen in neuen Produktionen von Puccinis »La Bohème« und »Tosca«, die nur mit Geige, Klavier und Untertiteln besetzt sind. Das Arrangement wurde von den Musikern selbst erstellt, wobei die Rollen der Solisten, des Chors und des Orchesters für nur zwei Musiker adaptiert wurden. Ihr neuestes Projekt »Salome« (Richard Strauss) wurde beim PODIUM Festival Esslingen uraufgeführt und ist auch im diesjährigen Beethovenfest Bonn zu sehen. »La Bohème« wurde für Backlash Music auf CD aufgenommen und erhielt großartige Kritiken in vielen wichtigen Medien.
Matthias Halvorsen arbeitet an einer Gesamtaufnahme von Bachs »Wohltemperiertem Klavier« auf präparierten Klavieren. Die erste Folge wurde im November 2018 bei Backlash Music als »The Well-Prepared Piano, vol. 1« veröffentlicht.
Wir – das Beethovenfest Bonn – laden ein, in einem offenen und respektvollen Miteinander Beethovenfeste zu feiern. Dafür wünschen wir uns Achtsamkeit im Umgang miteinander: vor, hinter und auf der Bühne.
Für möglicherweise auftretende Fälle von Grenzüberschreitung ist ein internes Awareness-Team ansprechbar für Publikum, Künstler:innen und Mitarbeiter:innen.
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Das Beethovenfest Bonn 2024 steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst.
Programmheftredaktion:
Sarah Avischag Müller
Noomi J. Bacher
Die Texte von Leah Biebert sind Originalbeiträge für dieses Programmheft.