»Ich mag diesen unklaren Bereich zwischen Kunst und Party.« - Kalle Kalima
Improvisation im Tiny House
Der finnische Jazz-Gitarrist und Komponist Kalle Kalima ist der Stargast des zweiten »Tiny House Concert«. Beim Zubereiten eines finnischen Rote-Beete-Salats spricht er über seine Karriere, musikalische Vorbilder, was Klassik und Jazz voneinander unterscheidet und was sie verbindet – und warum ihn genau dieses Spannungsfeld zu einer regen Zusammenarbeit mit klassischen Musiker:innen inspiriert.
Die Gastgeber:innen Steven Walter und Coco Elane empfangen ihn auf der Terrasse des Tiny Houses im Siegtal bei Bonn, wo sie ein kleines Setup mit Verstärker und Verkabelung vorbereitet haben. Kalima fragt sofort, ob er es ausprobieren darf und spielt »Goodybe Pork Pie Head« von Jazz-Legende Charles Mingus.
»Improvisieren ist eigentlich wie Komponieren, nur instant.«
Kalima liebt die klassische Musik und hegt eine tiefe Bewunderung für Johann Sebastian Bach. Nach kurzem Zögern sagt er, er würde sogar lieber einmal mit Bach improvisieren als mit Jazz-Ikone Miles Davis. Am liebsten würde er die beiden Meister aber gemeinsam erleben. Der Bereich zwischen Klassik und Jazz reizt ihn sehr. Gerade im Austausch beider Genres fühlt sich Kalima inspiriert. Zum Unterschied zwischen beiden Sphären sagt er: »Die Klassik ist sehr perfektionistisch, da jeder einzelne Ton schon im Vorfeld klar ist. Die meisten Jazzer versuchen, Fehler zu verbergen. Man kann aus einem Fehler immer etwas machen, das hat Miles Davis gesagt. Aber das muss man auch üben.« (lacht).
Wie seine Kombination von Klassik und Jazz klingt, zeigt Kalima mit einem tiefsinnigen und berührenden Arrangement von Henry Purcells Arie »When I am laid in earth« aus der Oper »Dido and Aeneas« (1689).
»Kochen ist wie Musik: Das kann man so oder so machen. Es gibt kein falsch.«
Steven Walter freut sich über Kalimas unbefangenen und aufrichtig neugierigen Zugang zur klassischen Musik, die dieser in seine eigene Tonsprache übersetzt. Hier sieht er Parallelen zwischen der Aufführungssituation im Tiny House und der historischen Aufführungspraxis von Barockmusik:
»Barockmusik ist ursprünglich fast schon für so eine Situation geschrieben worden: zum Essen, zum Trinken, oft auch Partys, eigentlich eine viel ›loungigere‹, ›clubbigere‹ Situation als das klassische Konzert, wo es heute aufgeführt wird. Das passt eigentlich ganz gut mit der Jazzwelt zusammen.«
Die vollständige Folge ist hier in der ARD Mediathek abrufbar.
»Ich glaube Barock und Jazz haben einiges gemeinsam.«
Beim Beethovenfest 2023 tritt Kalle Kalima mit dem B’Rock Orchestra auf. Im Konzert »Life & Death« werden neben Werken barocker Ikonen wie Bach und Purcell auch mehrere Kompositionen des finnischen Jazzers gespielt – mit dabei auch Kalimas Arrangement der Purcell-Arie, die er im Tiny House zum Besten gab. Dem B’Rock Orchestra attestiert er eine Offenheit zu improvisieren und sich auf Neues einzulassen, was keine Selbstverständlichkeit für klassische Orchester sei, lobt Kalima. Ein inspirierender Austausch von alter Musik und ganz neuer.
Kalle Kalima beim Beethovenfest Bonn 2023
, Festival Centre at the Kreuzkirche
Life & Death
B’Rock Vocal Consort, B’Rock Orchestra, Olivia Vermeulen
Kalima, Purcell, Bach
Tiny House Concert
Tiny House Concert ist eine Produktion von ARD Kultur, Deutsche Welle und Beethovenfest Bonn. Wir zeigen in unserem Magazin einen Zusammenschnitt. Alle Folgen in voller Länge gibt es in der ARD Mediathek.